Stolperstein-Putzaktion

Der 27. Januar ist in Deutschland ein ganz besonderer Tag. Es ist ein bundesweiter, gesetzlich eingetragener Gedenktag, der sich auf die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee vor 78 Jahren bezieht.

An diesem 27.01.2023 war die Klasse 9a im Rahmen des Geschichtsunterrichtes in Gengenbach unterwegs, um die Stolpersteine zu putzen und somit an die deportierten Mitbürger*innen jüdischen Glaubens zu erinnern. 

1933 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch 35 Personen. Nach Ausgrenzung und Verfolgung wurden auch die neun verbliebenen jüdischen Mitbürger*innen in Gengenbach am 22.10.1940 ins Internierungslager nach Gurs in Südfrankreich am Nordhang der Pyrenäen deportiert. 

Darunter waren auch Isaak, Greta und Adolf Valfer, die in der Hauptstraße 18 in Gengenbach wohnten. 

Isaak Valfer wurde 1865 in Friesenheim geboren und war später mit Berta (geb. Schmidt) verheiratet. Sie hatten zwei Kinder, Greta, geb. 1904 und Jakob, geb. 1906. Die Familie wohnte in Gengenbach in der Hauptstraße 18. Isaak Valfer betrieb zusammen mit seinem Bruder Adolf (geb. 1880) eine Wein- und Mosthandlung. Die Gebrüder Valfer wurden 1940 nach Gurs deportiert. Ebenso Greta Valfer. Isaak Valfer starb 1940 im Lager Gurs. Adolf und Greta wurden später nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

In der Hauptstraße 18 in Gengenbach erinnern drei Stolpersteine an die Familie Valfer. 

In der Hauptstraße 12 in Gengenbach, beim heutigen Cafe Honig/Armbruster lebte Ludwig Valfer, der 1870 in Gengenbach geboren wurde, von Kind an eine Gehbehinderung hatte und sein Leben lang ledig blieb. Er war wie seine Brüder von Beruf Kaufmann und hatte mit seiner Familie eine Wein- und Mosthandlung im heutigen Winzerhof. Nach der Reichsprogromnacht am 09.November 1938 kam er in sogenannte „Schutzhaft“. Am 22. November wurde er nach Dachau deportiert. Ca. ein Monat später kehrte Ludwig aus dem KZ Dachau wieder nach Gengenbach zurück. 1940 wurde er ins Internierungslager Gurs deportiert, wo er mit 69 Jahren starb. In der Hauptstraße 12 in Gengenbach erinnert ein Stolperstein an ihn. 

Ebenso der jüdischen Gemeinde in Gengenbach angehörig waren Berthold und Sofie Meier, die in der Grünstraße 27 einen Tabakhandel betrieben, den sie von Bertholds Vater übernahmen. 

Berthold Meier wurde 1880 in Diersburg geboren. Er heiratete Sofie (geb. 1878). Sie hatten einen gemeinsamen Sohn, Arthur, geb. 1910, der 1937 rechtzeitig in die USA flüchtete und 

dort bei seinem Onkel lebte. Berthold Meier kämpfte im Ersten Weltkrieg in der kaiserlichen Armee und geriet in französische Gefangenschaft. 1938 war er ein Monat im KZ Dachau unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Am 22.10.1940 wurden Berthold und Sofie Meier nach Gurs deportiert. Sofie Meier starb 1942 im Lager Gurs. Berthold Meier wurde am 26. Februar 1943 ins Sammellager Drancy gebracht und am 04. März 1943 nach Majdanek deportiert, wo er auch ermordet wurde. In der Grünstraße 27 in Gengenbach erinnern zwei Stolpersteine an Berthold und Sofie Meier. 

An vielen Orten in Gengenbach lassen sich auch heute der einstmaligen jüdischen Gemeinde Gengenbach finden. Die heutige Engelgasse erhielt ihren Namen erst 1877 und hieß zuvor Judengasse.  Sie stellt vermutlich das zentrale Wohngebiet der Gengenbacher Juden dar. Heute ist die Engelgasse bei Touristen aus aller Welt sehr beliebt und eine der schönsten Gassen der historischen Altstadt von Gengenbach.

Ein weiterer wichtiger Ort des jüdischen Lebens in Gengenbach war der Betsaal im alten Kaufhaus. Ab 1903 feierte dort die jüdische Gemeinde ihre Gottesdienste im zweiten Stock des alten Gebäudes am Marktplatz. Heute erinnert eine Gedenktafel am Gebäude auf der rechten Seite an die jüdischen Bewohner und ihre ehemalige Gebetsstätte. 

An der Ecke Victor-Kretz-Straße / Engelgasse erinnert ein Gedenkstein und eine Tafel an die Deportation der neun jüdischen Mitbürger*innen in das südfranzösische Gurs im Jahre 1940. 

Für mich war diese Putzaktion sinnvoll, um überhaupt zu sehen, wo in Gengenbach Juden gelebt und gearbeitet haben und das mit Gedenktafeln und Steinen immer noch an sie gedacht wird. Die einzelnen Stolpersteine zu putzen war ein seltsames Gefühl. Man hat die Namen gelesen, ihr Geburtsdatum, wann sie gestorben sind oder ermordet wurden. Und eigentlich ist es unvorstellbar, unter was für Leid und Qualen diese Menschen gelebt und zu Tode kamen, nur weil sie nicht der „arischen Rasse“, dem deutschen Volk angehörten. 

Text: Colin Schartel, 9a

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